Vor ein paar Wochen wurde mir mein Rad gestohlen. Das dritte Mal in 1 ½ Jahren. Der Hattrick war voll und meine Wut auch…
Ich kann mich noch sehr gut an die Momente der Realisierung erinnern – froh, mit der Arbeit fertig oder gerade wieder in Münster zu sein, gehe ich zum Platz hin, wo mein Rad stehen sollte und sehe – da fehlt was.
Zunächst suche ich verzweifelt nach Erklärungen und Hoffnungsschimmern: Hm, vielleicht wurde es ja umgestellt. Oder hatte ich es doch woanders abgestellt?
❄️ Wintergedanken
Doch die Realität holt mich ein: Ich laufe umher und mit jeder Minute des erfolglosen Suche dämmert es immer mehr – es ist wirklich weg. Das Gedankenkarussel ist in voller Fahrt:
Mein schönes Rad. Wie komme ich jetzt weg von hier? Welche Bösewichte waren das? (Für die anderen Beleidigungen nehme ich hier eine Selbstzensur vor 🙊) Warum muss mir wieder sowas passieren? Aber vielleicht habe ich es auch verdient. Hätte ich es doch woanders anschließen sollen? Warum war ich zu knauserig für die Radstation? So ein Mist! Jetzt muss ich mich auch noch um ein neues Rad kümmern. Lästig! Dabei war es doch erst vor x Monaten in der Reparatur.
Der Mensch ist doch böse. Scheiß auf Frühlingsgedanken. Die anonymen Täter haben zugeschlagen und berauben die Menschen ihrer Mobilität.
Mein Glaube spielte in diesem Frustmoment keine große Rolle. „You give and take away“ war nicht auf meinen Lippen. Noch ein paar weitere Tage gärte in mir ein dumpfer und zuweilen irrationaler Zorn über diese „schreiende Ungerechtigkeit“.
😊 Smile it away?
Man kann auch anders mit Fahrraddiebstahl umgehen. Vor ein paar Monaten schaute ich mit Luise den durchaus sehenswerten und leicht-schrägen Film „Happy-go-lucky“, der das Thema Glück und Freude auf interessante Weise behandelt: Die Protagonistin Poppy ist eine verspielte, dauerfröhliche, grundoptimistische Frohnatur; der jedoch im Laufe des Films immer mehr Bosheiten, kaputte Menschen und persönliches Leid begegnen. Am Anfang des Films stellt sie fest, dass ihr Rad gerade gestohlen wurde. Sie reagiert lächelnd, „Oh, ich hatte gar nicht die Chance, mich zu verabschieden.“ Davon war meine Reaktion dann doch recht weit entfernt.
➡️ Blick nach vorne
Eigentlich bin ich meist ganz ausgeglichen. Aber immer mal wieder gibt es doch diese Momente oder Phasen der Frustration. Irgendwas ist nicht so wie es sein soll und das stört. Erst vor ein paar Tagen lud mein Laptop nicht mehr – ich wusste gar nicht wohin mit mir und meiner Arbeit und konnte die schöne Sonne draußen kaum genießen.
Was mir dann doch über mein Beleidigt- und Verärgertsein hinweghilft ist der Blick nach vorne und nach oben:
Der Blick nach vorne bewahrt mich davor, mich an Frust und Verlust zu sehr festzuklammern. Stattdessen versuche ich lösungsorientiert Abhilfe zu schaffen. Einen Tag nach dem letzten Raddiebstahl habe ich mich direkt um Ersatz gekümmert, mit dem ich bisher ganz glücklich bin. Ersatz ist hier auch das richtige Stichwort: Vieles im Leben kann man ersetzen, besonderes materielle Dinge. Diebstähle oder Reparaturen sind ärgerlich, besonders dann wenn das Geld gerade knapp ist. Aber in den meisten Fällen geht die Welt davon nicht unter. Solange Ersatz verfügbar ist, kann das Leben weitergehen.
„Nützt ja nix“ ist ein ostfriesisches Sprichwort (zumindest habe ich es da öfters gehört), und meint so viel wie „Man kann es nicht mehr ändern.“ Diese „Erkenntnis“ haben wir alle schon oft gehört, aber die Beherzigung derselben ist für mich keine Selbstverständlichkeit. Dinge hinzunehmen, die sich nicht mehr ändern lassen und nach vorne zu schauen und Alternativen zu suchen – das möchte ich zumindest versuchen.
Ab und zu scheint es zu gelingen: Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich auf dem Rückweg von der Arbeit einen Anschlusszug verpasst. Statt mich aufzuregen, habe ich mir meinen Laptop geschlappt und diesen Beitrag geschrieben. Vielleicht bin ich sogar produktiver, weil ich hier kein W-LAN habe 😉 Will sagen: Das Beste aus einer Situation zu machen ist nicht einfach, aber eine Übung, die sich zu lohnen scheint.
🔼 Blick nach oben: Perspektivwechsel
Während mir der Blick nach vorne hilft, Vergangenes schneller hinter mich zu lassen, hilft mir der Blick nach oben, Frustrationen in der richtigen Perspektive zu sehen. Gott sind Fahrräder wahrscheinlich nicht so wichtig, eher die Menschen die darauf sitzen oder diese stehlen. Er verspricht einen Frieden, der alle Umstände, Diebstähle und Verspätungen übersteigt. Raddiebstähle in Münster oder ein verpasster Zuganschluss sind Normalität, nervig; aber die Lebensreise geht trotzdem weiter. Es gibt weitaus Schlimmeres: Krankheiten wird man nicht so leicht los, manchmal nie. Verlust ist schlimmer, wenn er permanent ist. Mit dieser Art des Leids habe ich bisher keine Erfahrungen machen müssen, daher maße ich mir hier keine Überlegungen zu an. Aber die Möglichkeit dieser Nöte sollte mich dankbar stimmen für jeden Tag, der mir geschenkt wird. Wie genau jede Alltagsfrustration „zu meinem Besten dient“, weiß ich zwar nicht, doch glaube ich, dass eine vertrauensvolle Grundhaltung mir selbst und Anderen mehr dient als latentes Aufgeregtsein.
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Hey Bassi! Danke für deine guten Frühlingsgedanken!!👍 Ja, manches ist ärgerlich und passt uns nicht in den Kram ! Aber nützt ja wirklich nix , sich darüber zu ärgern und aufzuregen !ich muss auch gerade Geduld lernen und ein langes Kranksein hinnehmen!Nun geht’s aber in kleinen Schritten bergauf! Dafür bin ich Gott sehr dankbar !! Glg und einen frohen Tag dir !!
Von meinem iPhone gesendet
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Danke dir für die ehrlichen Worte und dir eine ganz schnelle und vollständige Genesung!! Ich hoffe die Grippe legt sich endlich wieder 🙏🙂 Gesundheit ist was echt kostbares und letztlich viel wichtiger als materielle und andere unpersönliche Dinge… 🙂