An manchen Tagen fühlt sich mein Weg zur Schule ein wenig schwer an. Eigentlich übe ich meinen Lehrberuf gerne aus, mit Lockerheit, flotten Sprüchen und allerlei anderen Dummheiten, für die mich meine Freunde und auch einige Schüler kennen. Aber all diese Leichtigkeit meiner öffentlichen Persona kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich auf dem Schulweg eine Schwere spüre, die wie ein voller Lehrerrucksack um und an mir hängt. Manchmal ist es auch tatsächlich der Inhalt des Rucksacks, der mich beschwert – ein Haufen Klausuren, der mir den nächsten Samstag kostet oder etwa ein neues Buch, was ich für den Literaturunterricht lesen sollte.
Oft sind es aber gar nicht mal diese konkreten Dinge, die auf mir lasten, sondern viel mehr dieser Aufgabenstrudel, für den sie stehen: Planung, Unterricht, Vornestehen, Dasein, Aufpassen, Drandenken, Zuhören, Verbessern, Funktionieren, Teil eines Systems sein, was immer und immer weiter dreht. All das fühlt sich in melancholischen Momenten wie eine Bürde an, die ich immer wieder auf mich nehmen muss und die ich nicht so leicht abschütteln kann.
Dass wir Lehrer damit nicht alleine sind, spürte ich letzte Woche beim Elternsprechtag. Es waren viele Gespräche mit besorgten Eltern und bemühten Kindern: „Meine Tochter merkt sich die Vokabeln nicht, was soll ich da tun?“ „Ja, mit den Sprachen war es schon immer schwierig, wissen Sie.“ „Mehr lesen, sagen Sie? Oh das wird schwierig! Aber sagen Sie mir doch gleich die ISBN-Nummer…“ „Ja das stimmt, mit dem Konzentrieren tut er sich zu Hause auch schwer. Was sollen wir tun?“ „Die letzte 4 war wirklich ein Ausrutscher, ich habe mit ihr 3 Tage für die Arbeit geübt!“
Als einer der vielen Schüler dann seiner Mutter beim Rausgehen hinterhertrottete, auf dem Weg zum nächsten Lehrer, denn da „läuft es ja auch nicht so gut“, regte sich in mir eine seltene Form von Anteilnahme, die im Alltagsstress oft untergeht: Irgendwie taten mir die Schüler leid. So oft ich mich auch über mangelnde Konzentration und Fleiß aufgeregt habe, so sehr sehe ich auch gleichzeitig die Bürde, die selbst sie tragen. Mein Fach ist für sie nur eines von vielen. Überall müssen sie sich beweisen, müssen lernen, üben, verstehen; tagein, tagaus. Den Spaß, den sie im Unterricht zu gelegener und ungelegener Zeit machen, ist vielleicht hier und da auch nur ein Ventil für all den Druck, der da mal raus muss.
Und wenn ich drüber nachdenke, haben wir alle unsere Bürden zu tragen, in allen möglichen Berufen oder privaten Gruppen und Familien. Einige tragen diese Verantwortung stolz und mit großer Beständigkeit, andere brechen irgendwann zusammen; sie gehen runter, hören auf, reduzieren.
Wie gut, dass Weihnachten vor der Tür steht. Wenn ich ganz ehrlich bin, verspricht mir Weihnachten dieses Jahr vor allem eins: Ruhe. Zwei Wochen raus aus dem Getriebe. Braten statt Bürde. Essenstisch statt Lehrerpult. Liederzettel statt Arbeitsblatt. Blödeln statt Beratungsgespräch. Während ich mich als Kleinkind auf Geschenke, als Jugendlicher aufs Essen und als Student auf den Glühweinstand freute, so ist es nun als Berufstätiger vor allem die freie und unbeschwerte Zeit, auf die ich mich freue.
Doch hat das überhaupt was mit der „eigentlichen Weihnachtsbotschaft“ zu tun? Ja! Jesus kam ja nicht nur auf die Erde, um es sich in der Krippe gemütlich zu machen und Vater-Mutter-Kind mit Maria und Joseph zu spielen. Er kam hernieder, wuchs heran und übernahm mehr Verantwortung als je einer zuvor: für begriffsstutzige Jünger, für beladene und belastete Menschen in Not und letztlich mit seinem Werk Kreuz für jeden Menschen, der Bürden, Laster und Schuld bei ihm abgibt. Zugegeben, das entbindet mich nicht von meiner beruflichen Verantwortung. Aber Jesus als Mensch ist mir Vorbild, diese Verantwortung mit Zuversicht und Hoffnung (auf einen Sinn) zu tragen und gleichzeitig ist Jesus als Gott für mich die Kraft und Quelle, die mir das ermöglicht. Mensch und Gott, das ist die perfektgewordene Kombination, die Weihnachten gefeiert wird. Das gibt mir Freude für den 24.12. und Zuversicht für den 7.1., wenn der Weg zur Schule wieder ansteht.
Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
– Matthäus 11,28
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Sehr gut geschrieben! Es sind allerdings einige Fehler drin, Herr Lehrer!!😀😘
Von meinem iPhone gesendet
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Danke dir 😊 Die meisten müssten jetzt korrigiert sein 🙈
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