Solch ein Konzept kann nur aufgehen, wenn das Vertrauen nicht missbraucht wird. Eine unehrliche Person unter 30 Gästen genügt schon, dann ist das Tageseinkommen, der Automat oder die Ware weg. Wie uns unsere Gastgeber versicherten, gibt es diesen Laden jedoch schon seit einiger Zeit und funktioniert blendend. Kunden schreiben teilweise Zettel, dass sie das Geld gerade nicht dabei haben und es morgen vorbeibringen. Die Vertrauensbeziehung funktioniert.
Ich finde diese Idee und auch die erfolgreiche Umsetzung derselben wunderschön in ihrer Symbolkraft. Die Analysten der großen Zeitungen beschreiben die modernen westlichen Gesellschaften als fragmentiert, polarisiert, ja oft schon hasserfüllt. Die Menschen ziehen sich in ihrer Filterblassen zurück, echten Zusammenhalt gäbe es nicht mehr. Ein Selbstbezahlshop setzt dagegen ein Zeichen von Vertrauen, auch gegenüber unbekannten und fernen Menschen.
Vertrauen ist ein fragiles und zartes Gebilde. Es wird oft zögerlich und langsam aufgebaut und leider sehr schnell und schmerzvoll zerstört. Wenn es da ist, schafft es Geborgenheit, Stabilität und tut einfach gut.
Ein solcher Laden würde wohl in keiner Großstadt funktionieren; zu viele Menschen laufen dort herum; zu viel kriminelle oder schlicht egoistische Energie könnte das Geschäft zerstören. Vertrauen kann am besten in einer vertrauten und überschaubaren Umgebung aufgebaut werden – in Beziehungen, Freundschaften, Kollegien, Vereinen oder Gemeinden. Ein funktionierendes Vertrauenssystem setzt auch voraus, dass ich mich selbst integrer verhalte und meine christlichen Werte und Überzeugungen auch dann lebe, wenn keiner hinschaut. Vielleicht können wir uns von auf dieser Basis ein wenig vertrauensvoller ausstrecken nach Menschen aus anderen Teilen der Gesellschaft…